Urologische Nachrichten

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Impfung bei Prostatakrebs

In den USA wurde erstmals eine therapeutische Impfung bei Prostatakrebs zugelassen. Ärzte dürfen Sipuleucel-T dort bei asymptomatischen oder minimal symptomatischen Patienten mit hormon-refraktärem (hormontauben) Prostatakarzinom (HRPC) … einsetzen. Wegen begrenzter Ressourcen bleibt die Anwendung auf wenige Patienten beschränkt. Noch vor drei Jahren hatte die FDA (Federal Drug Administration) der Firma die Zulassung untersagt.

Sipuleucel-T ist kein präventiver Impfstoff wie z.B. die Impfung gegen Hepatitis B oder humane Papillomaviren, die Krebserkrankungen in Leber oder Gebährmutterhals verhindern, indem sie die Patienten vor den krebsauslösenden Virusinfektionen schützen. Es handelt sich vielmehr um eine „therapeutische” Vakzine, die die körpereigene Immunabwehr gegen die Krebszellen stärken soll. Dieser Ansatz wird besser als autologe zelluläre Immuntherapie bezeichnet.

Im ersten Schritt werden den Patienten Immunzellen aus dem Blut entnommen. Diese werden dann im Labor mit dem Antigen PAP (prostatic acid phosphatase) zusammengebracht. PAP ist in 95 Prozent aller Prostatazellen enthalten. Die Abwehrzellen werden mit Unterstützung von Adjuvanzien ( Zusatzstoff )auf PAP sensibilisiert und dann dem Patienten intravenös infundiert. Dort greifen sie alle Zellen an, die PAP exprimieren, also bevozugt die Tumorzellen.

Sipuleucel-T muss auf jeden einzelnen Patienten angepasst werden, ist also eine individuelle Impfung. Das ist sehr aufwendig, was nicht nur die hohen Kosten von 93.000 US-Dollar pro Behandlung miterklären mag. Es gibt auch Lieferengpässe. Produzent Dendreon Corporation soll dem Vernehmen nach nur über Produktionskapazitäten für etwa 2.000 Patienten pro Jahr verfügen, (bei circa 192.000 Neuerkrankungen in den USA pro Jahr) Die Therapie bleibt vorerst auf die etwa 50 Zentren beschränkt, die an der klinischen Entwicklung teilgenommen hatten.

Diese wurde durch eine Phase-III-Studie an 512 Patienten abgeschlossen. In dieser IMmunotherapy for Prostate Adeno Carcinoma Treatment ( IMPACT)-Studie hatte Sipuleucel-T die Überlebenszeit von 21,7 auf 25,8 Monate verlängert. Der Impfstoff kann das Krebsleiden in dem fortgeschrittenen Stadium also nicht heilen. Die Ergebnisse sind in etwa mit einer Chemotherapie mit Docetaxel vergleichbar, das ebenfalls beim HRPC eingesetzt wird (dort wird das krebsspezifische Überleben von ca. 16 auf 19 Monate gesteigert).

Nebenwirkungen: Am häufigsten sind Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Rückenschmerzen, Übelkeit, Knochenschmerz und Kopfschmerzen. Die meisten Nebenwirkungen sind milde, doch etwa 25% der Patienten erlitt in den Studien schwere Komplikationen. Neben akuten Infusionsreaktionen waren darunter auch hämorrhagische und ischämische Schlaganfälle. Sie wurden unter der Therapie mit Sipuleucel-T bei 3,5 Prozent der Patienten beobachtet gegenüber 2,6 Prozent in der Kontrollgruppe.

Anmerkung von Dr. Keul:

Seit vielen Jahren wird nach einer wiksamen Therapiemöglichkeit beim fortgeschrittenen hormontauben Prostatakrebs gesucht. Eine Tumorimpfung bei Prostatakrebs ist nicht neu und wurde bereits in den 80ziger Jahren in Deutschland von Prof. Rothauge in Gießen bei Prostatakrebs als auch beim Melanom (schwarzer Hautkrebs) und beim Colonkrebs durchgeführt.

Ich selber habe dies beim Nierenkrebs in meiner Zeit in Offenbach und Bremen bei Patienten mit unterschiedlichem Erfolg durchgeführt. Der Unterschied zu der jetzt hier angebotenen Impfung ist, dass wir damals die Krebszellen zur Herstellung der Impfung immer direkt aus dem Tumor oder den Metastasen – was noch wirksamer ist – genommen haben – aktive autologe Tumorvakzine .

In den 90ziger Jahren haben sich in Deutschland mehrere Firmen auf die Zubereitung von Impfstoffen spezialisiert. Da sich die Krankenversicherungen jedoch weigerten die Kosten (ca. 10.000.- €) zu übernehmen, wurde die Zubereitung wieder eingestellt.